Mit fremder Feder von Gabriele Klunkert - Taschenbuch

Mit fremder Feder
Der gefälschte Schiller
ISBN/EAN:  9783737403016
Sprache: Deutsch
Umfang: 96 S., 80 Fotos, 1 Karte
Einband: Paperback
Um 1850 ereignete sich in Weimar ein ungeheuerlicher Kriminalfall: Der Architekt Heinrich von Gerstenbergk fälschte hunderte Autographen Schillers und verkaufte sie über ein Netzwerk prominenter Mittelsmänner. Zu den ahnungslosen Abnehmern gehörten unter anderem die Königliche Bibliothek in Berlin sowie Schillers jüngste Tochter. Die Faszination, die heute von gefälschten historischen Handschriften ausgeht, war Anlass dafür, diesen Kriminalfall zu erforschen: Das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar präsentiert die mit Dreistigkeit nachgemachten Papiere 2023 erstmals in einer Ausstellung der Öffentlichkeit. Von erfundenen und schlecht übertragenen Inhalten, ergaunerten »Echtheitsbestätigungen« argloser Zeitgenossen bis hin zum Erlös, den die Falsifikate heutzutage bei Auktionen erzielen, ist hier alles dokumentiert. Über kriminelle Handlungsmotive lässt sich spekulieren. Die Überführung des Täters allerdings ist belegt. Dank eines juristischen Prozessberichts ist sie noch heute detailliert nachvollziehbar: Sie gelang durch die gründliche Untersuchung der Papiere nach materiellen und inhaltlichen Kriterien sowie durch philologische Ansätze. Welche Rahmenbedingungen dem Täter das Handeln ermöglichten, wie er beim Fingieren der Handschriften vorging und welche Distributionswege er für seine Machenschaften nutzte, veranschaulicht die vorliegende Publikation anhand ausgewählter spannender Beispiele.
Einleitung Um 1850 spielte sich in Weimar ein unglaublicher Kriminalfall ab. Der ortsansässige Architekt und Geometer Georg Heinrich Karl Jakob Victor von Gerstenbergk (1814-1887) fälschte hunderte Autographen Friedrich Schillers (1759-1805) und veräußerte sie geschickt über Mittelsmänner. Zu den ahnungslosen Abnehmern gehörten u. a. die Königliche Bibliothek in Berlin, Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818-1901), Franz Liszt (1811-1886) sowie Schillers jüngste Tochter, Emilie von Gleichen-Rußwurm (1804-1872). Das massenhafte Auftreten der Schiller-Handschriften erregte jedoch bald Verdacht. Man prüfte die Vorgänge und konnte Gerstenbergk überführen. Erstaunliches brachten die gerichtlichen Untersuchungen ans Licht: Geradezu in Serienfertigung hatte der skrupellose Fälscher Handschriften des großen Dichters »betrüglich fabricirt«. 1856 wurde Gerstenbergk der Prozess gemacht, und der Fälscher kam hinter Schloss und Riegel. Zahlreiche seiner als Falsifikate identifizierten Produkte befinden sich noch heute im Goethe- und Schiller-Archiv. 2023 werden diese nachgemachten Papiere, die Geschichte und Enttarnung der Fälschungen sowie der Gerichtsprozess erstmals in einer Ausstellung präsentiert. Diese mehr oder minder geschickt gefertigten Falsifikate sind dadurch spektakulär, dass so viele Zeitgenossen auf sie hereinfielen, wie etliche Echtheitsbeglaubigungen der Kenner belegen. Bei den Fälschungen, deren Reiz nicht zuletzt in der Aura des Geheimnisvollen liegt, handelt es sich um äußerst kontroverse und dennoch historische Zeugnisse einer Schillerverehrung, ja eines gewissen Schillerkultes. Die Zusammenhänge und alle mit den nachgemachten Papieren in Bezug stehenden Vorgänge sowie die Rolle der involvierten Personen galt es in einem größeren Abschnitt zur Geschichte der Gerstenbergkschen Fälschungen zu rekonstruieren.
EINLEITUNG 1. VOM REIZ DER AUTOGRAPHEN: DAS AUTOGRAPHENSAMMELN 2. DER GROßE NAME: PERSONEN- UND RELIQUIENKULT ALS VORAUSSETZUNG FÜR DAS FÄLSCHUNGSGESCHÄFT 3. ZUM FÄLSCHEN VON HANDSCHRIFTEN 4. WER WAR DIESER GERSTENBERGK? 5. DIE SCHILLER-FÄLSCHUNGEN – DIE ENTLARVUNG – DER GERICHTSPROZESS 6. DAS FALSCHE ERBE – GEFÄLSCHTE HINTERLASSENSCHAFTEN
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