Die Zuhälter der Globalisierung von Loretta Napoleoni - Taschenbuch

Die Zuhälter der Globalisierung
Über Oligarchen, Hedge Fonds,'Ndrangheta, Drogenkartelle und andere parasitäre Systeme
ISBN/EAN:  9783570501306
Sprache: Deutsch
Umfang: 382 S.
Einband: kartoniertes Buch
"Die im Dunklen sieht man nicht", schrieb Bert Brecht. Die globale Ökonomie, die scheinbar den ominösen "Gesetzen des Marktes" folgt, ist in Wahrheit ein Tummelfeld für Gesetzlose - "Outlaws" und "Schurken", wie Loretta Napoleoni es schonungslos formuliert. Die Grenzen zwischen Verbrechen und ganz legalen Formen der Ausplünderung und des Machtmissbrauchs verschwimmen immer mehr. Während Mafia, Waffen- und Drogenhändler, Zuhälterringe und Sklavenhalter zunehmend professionell und unter ehrbarem Deckmantel arbeiten, entfaltet die demokratisch gewählte Staatsmacht in vielen Ländern der Erde kriminelle Aktivitäten. Staatliche Amtsträger machen sich zu Steigbügelhaltern der Mafia, diese wirkt ihrerseits im Verborgenen als generöser Mäzen so mancher Polit-Karriere. Gespickt mit einer Fülle schockierender Fakten zeigt "Die Zuhälter der Globalisierung" die zerstörerische Wirkung ungezügelter Marktkräfte. Napoleonis Argumentation zufolge beraubt die "Schurken-Ökonomie" die westlichen Gesellschaften ihrer ethischen Grundlagen, zerstört Jahrhunderte sozialen Fortschritts und versetzt den westlichen Demokratien den Todesstoß. Spannend wie ein Mafia-Thriller und präzise recherchiert, entführt uns das Buch der Top-Journalistin in eine gefährliche Grauzone zwischen Licht und Schatten, in der mehr und mehr über die Geschicke unseres Planeten entschieden wird.
Loretta Napoleoni arbeitet als politische Journalistin für international führende Zeitungen wie den "Corriere della Sera" und "Le Monde". Sie gilt als eine der weltweit führenden Expertinnen für Fragen der Finanzierung des globalen Terrors und landete mit "Terror Inc." ("Die Ökonomie des Terrors", Kunstmann 2004) einen in zwölf Sprachen übersetzten Bestseller. In ihrer Funktion als wirtschaftliche Beraterin bereist sie regelmäßig die Krisenregionen des Mittleren Ostens und Staaten wie Pakistan, Iran und Irak.
In den neunziger Jahren verbreitete sich ein globaler Virus: die Demokratie. Der Zerfall der Sowjetunion entfesselte den »Freiheitsbazillus«, und im Verlauf eines Jahrzehnts wuchs die Zahl der demokratischen Länder von 69 auf 118. Millionen Menschen, seit Jahrzehnten dagegen geimpft, feierten, als die Verteidigungsanlagen dieser Länder wankten und einstürzten. Menschen, die die westliche Demokratie nie kennengelernt hatten, wurden schließlich infiziert. Als die Berliner Mauer fiel, hatten es die jungen Osteuropäer eilig, auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu gelangen, der imaginären Trennungslinie zwischen der freien Welt und dem Totalitarismus. Die Menschen sanken sich in die Arme und jubelten und schauten gebannt zu, als endlose Karawanen von Trabbis, Ladas und anderen Fahrzeugen aus sozialistischer Produktion westwärts rollten. Vom ehemaligen Ostblock aus breitete sich der Freiheitsbazillus über den Globus aus, nach Südostasien, Lateinamerika, sogar bis nach China, und überall hinterließ er unauslöschliche Spuren. Aber mit der Demokratie verbreitete sich auch die Sklaverei. Am Ende des Jahrzehnts lebten in zahlreichen Ländern insgesamt schätzungsweise 27 Millionen Menschen versklavt, einige auch in westlichen Ländern. Bereits 1990 strömten die ersten Sexsklavinnen aus dem ehemaligen Ostblock auf Märkte im Westen. Diese Frauen waren schön, billig und vor allem verzweifelt. Aber das neue Geschäft mit dem Sex war nur die Spitze des Eisbergs. Die Globalisierung brachte die Ausbeutung von Sklavenarbeit auf ein industrielles Niveau, sie erreichte ein Ausmaß, das es bis dahin nie gegeben hatte, nicht einmal im transatlantischen Sklavenhandel. Von den Kakaoplantagen Westafrikas bis zu den Obstgärten in Kalifornien, von der boomenden illegalen Fischereiindustrie bis zu Fabriken, die massenweise Raubkopien und Fälschungen produzieren: Überall sind Sklaven ein fester Bestandteil des globalen Kapitalismus, wie ich bei meinen Recherchen immer wieder festgestellt habe. Schockierenderweise existieren in der modernen Zeit Demokratie und Sklaverei nebeneinander in einer, wie Ökonomen es sehen, starken direkten Korrelation. Mit anderen Worten: Zwei Phänomene zeigen nicht nur identische Trends, sondern der eine Trend bedingt den anderen. Die neunziger Jahre bestätigten eine surreale Entwicklung, die sich bereits in den Fünfzigern, während der Entkolonialisierung, abgezeichnet hatte. Als die ehemaligen Kolonien unabhängig wurden und die Freiheit bekamen, stieg die Zahl der Sklaven, und die Preise für sie verfielen. Heute beträgt der Durchschnittspreis für einen Sklaven weniger als ein Zehntel des Wertes im Römischen Reich, in einer Zeit also, als die Demokratie auf ihrem historischen Tiefpunkt gewesen sein dürfte. Für die Römer waren Sklaven knappe, wertvolle Güter, die notgedrungen teuer waren; heute sind sie eine reichlich vorhandene Wegwerfware, nur ein weiterer »Kostenfaktor« bei internationalen Geschäften. Demokratie und Sklaverei verbinden wir selten miteinander, weil wir immer noch unter dem falschen Eindruck stehen, die Demokratie müsse irgendwie als Garantie gegen die Rückkehr der Sklaverei wirken. Das oft zitierte Beispiel des amerikanischen Bürgerkriegs soll dieses dünne Argument übertünchen. Aber wie jeder sehen kann, der sich ein bisschen mit amerikanischer Geschichte befasst hat, brach unmittelbar nach Ende des Bürgerkriegs im Süden die Gewalt der Weißen gegen die Schwarzen aus mit Gruppen wie dem Ku-Klux-Klan, und die Zeit danach war eine düstere Epoche für die schwarze Bevölkerung in Amerika. Überdies gilt die Sklaverei heute allgemein als Folge der Ausbeutung armer Länder durch fremde Herrscher, doch tatsächlich ist das Gegenteil richtig: Die meisten Opfer werden von ihren eigenen Landsleuten versklavt und verkauft. Die Korrelation zwischen Demokratie und Sklaverei ist eine Folge der Schurkenwirtschaft, eines in der Geschichte immer wiederkehrenden Phänomens, das oft rasche und unerwartete Umbrüche begleitet. Inmit
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