John Le Carré | Silverview

John Le Carré hatte diesen Roman bereits 2013 geschrieben, aber nicht veröffentlicht. Nun ist er doch noch als überraschender Nachzügler aus dem Nachlass erschienen. Noch einmal sondiert der Großmeister des Abgründigen die spionierende Seele. Was treibt uns am Ende mehr an, die Loyalität zur Sache, zum Land, zum Auftrag oder die Liebe, die möglicherweise verbogen und gerupft, das Rennen macht? Es ist dieses mäandernde Abwägen, das Le Carré zur hohen Kunst erhoben hat, das ihm seinen Rang in der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts sichert. Silverview ist ein Muß für alle Fans und auch die anderen sollten sich das Buch keinesfalls entgehen lassen.

Vielleicht hatte sie tatsächlich vorgehabt, eine Vorschule zu besichtigen. Sie war sich nicht mehr sicher. Vielleicht hatte sie am vergangenen Abend etwas Derartiges angekündigt [...] Vielleicht war sie ja auch erst auf den Gedanken gekommen, als Proctor es aus ihr herausquetschen wollte. Sie wusste nur eines: Proctor zuliebe würde sie nicht eine einzige blöde Schule aufsuchen. Zum Teufel damit, mit sterbenden Müttern und deren Geheimnissen, zum Teufel mit allem.

 

Quelle: Dieser Buchtipp stammt aus unserem SEKO Newsletter KW 46/2021 mit Buch- und Rundfunktipps für literarisch Interessierte und Neuigkeiten rund um SEKO. Zur Anmeldung geht es hier.