Andrea Maria Schenkel | Der Erdspiegel

Da musste die gebürtige Regensburgerin nach New York ziehen, um zufällig in einem Zeitungsarchiv auf einen Zeitungsartikel zu stoßen, in dem von einem Serienmörder bei Regensburg die Rede ist. Nicht nur dass dieser Bichel nun möglicherweise das Vorbild für Jack the Ripper gewesen sein soll, so jedenfalls der Autor des Artikels aus dem Jahr 1819, nein, Andrea Maria Schenkel läßt mit ihrem neuen Buch einmal mehr ihre sprachlich dialektalen Muskeln spielen und skizziert mit grosser Kunstfertigkeit den Geist und die Mentalität einer Zeit, in der die Menschen in ihrer Heimat tief verwurzelt waren und vielleicht gerade deshalb unter ihrer Enge litten.

//leseprobe

Als der Bichel sie hereinließ, war es genauso, wie er es ihr gesagt hatte. Die Fenster waren abgehängt. Mit dem Zeigefinger vor seinem Mund deutete er ihr, dass sie still sein solle. Der Zauber vertrage keinen Lärm und keine Hetze. Katharina versuchte, ihre Anspannung zu unterdrücken. Das Licht war so schwach, es reichte nicht einmal aus, um den kleinen Tisch zu erhellen. Dennoch konnte Katharina erkennen, dass dort unter einem Tuch verborgen etwas lag. Es musste der Erdspiegel sein. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Der Bichel stand ganz nah neben ihr. Wenn er sprach, war Katharina, als könne sie seinen Atem im Nacken spüren.

 

Quelle: Dieser Buchtipp stammt aus unserem SEKO Newsletter KW 5/2023 mit Buch- und Rundfunktipps für literarisch Interessierte und Neuigkeiten rund um SEKO. Zur Anmeldung geht es hier.